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Was muss eine Satzung regeln?

Erforderliche Mehrheiten bei Satzungänderungen

In § 33 Abs. 1 Satz 1 BGB ist für eine Satzungsänderung eine Mehrheit von dreiviertel der erschienenen Mitglieder vorgesehen.
Diese gesetzliche Mehrheit kann die Vereinssatzung jedoch ändern, wobei sie die Anforderungen an die notwendige Mehrheit mildern oder verschärfen kann.

Die Satzung kann also ebenso die Einstimmigkeit vorschreiben wie andererseits eine Zweidrittel- oder einfache Mehrheit für die Satzungsänderung genügen lassen (zur Auslegung einer Bestimmung in der Satzung, wonach Satzungsänderungen "der Mehrheit von mindestens 2/3 der in der Mitgliederversammlung vertretenen Stimmen bedürfen", s. LG Detmold Rpfleger 1999 S. 333 [keine Zulassung der Stellvertretung bei der Stimmabgabe über eine Satzungsänderung, sondern nur sprachlich missglückt]).

Die Regelung in § 33 Abs. 1 Satz 1 BGB ist in der vereinsrechtlichen Literatur und Rechtsprechung lange Zeit so verstanden worden, dass bei der Ermittlung der Mehrheit von der Zahl der bei der Abstimmung anwesenden stimmberechtigten Mitglieder auszugehen sei und Stimmenthaltungen sowie ungültige Stimmen von dieser Zahl nicht vorweg abgezogen werden dürften.
Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen sind danach praktisch wie Nein-Stimmen gewertet worden.

Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes versteht den Hinweis auf die Mehrheit der erschienenen Mitglieder jedoch inzwischen lediglich als Klarstellung, dass Beschlüsse nicht von der Mehrheit der überhaupt dem Verein angehörenden Mitglieder gefasst zu werden brauchen (BGH NJW 1982 S. 1585). Ergangen ist die Entscheidung zwar zu einem "normalen" Beschluss der Mitgliederversammlung, sie ist aber wegen der grundsätzlichen Aussage über die Behandlung von Stimmenthaltungen auch für den Beschluss über eine Satzungsänderung anzuwenden.
Das bedeutet, dass bei der Beschlussfassung über eine Satzungsänderung Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen nicht zu berücksichtigen sind, vielmehr ist die erforderliche Mehrheit nur an Hand der abgegebenen gültigen Ja- und Nein-Stimmen zu errechnen.
Der Antrag ist daher angenommen, wenn die Zahl der Ja-Stimmen größer ist als die der Nein-Stimmen und eine erforderliche qualifizierte Mehrheit erreicht ist (so auch Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein, Rn 135; a.A. Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, Rn 527; siehe auch Burhoff, Vereinsrecht, Rn 223 f.).

Beispiel
Gilt die gesetzliche Regelung und sind 100 stimmberechtigte Mitglieder anwesend, von denen 75 mit Ja stimmen, 20 mit Nein und fünf sich der Stimme enthalten, ist der Antrag auf Satzungsänderung angenommen.
Dasselbe gilt, wenn nach der Satzung "die Mehrheit der erschienenen Mitglieder" ausreicht, und von 100 stimmberechtigten anwesenden Mitgliedern 50 mit Ja stimmen, 49 mit Nein und ein Mitglied sich der Stimme enthält. Bis zur neuen Rspr. wäre in diesem Fall davon auszugehen gewesen, dass der Satzungsänderungsantrag abgelehnt ist.

Sieht die Satzung für für Satzungsänderungen besondere Erfordernisse, meist besondere Mehrheiten vor, so muss auch der Beschluss über eine Änderung dieser Regelung noch diesen Anforderungen entsprechen.

Beispiel
Ist nach der Satzung zur Änderung der Satzung eine 2/3-Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich, so muß für die Einführung einer anderen Regelung, egal ob diese eine Erschwerung oder Erleichterung darstellt, eine Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen erreicht werden.
Soll an die Stelle der gesetzlichen Regelung einer x-Mehrheit eine andere treten, so muß diese Satzungsänderung noch mit der gesetzlich vorgeschriebenen Mehrheit von x der abgegebenen gültigen Stimmen beschlossen werden.
Bei der Abfassung einer Satzungsbestimmung, die für Satzungsänderungen oder sonstige Beschlüsse eine bestimmte Mehrheit erfordert, ist darauf zu achten, dass diese ausdrücklich so gefasst wird, dass die x-Mehrheit der "abgegebenen gültigen Stimmen" erforderlich ist und nicht eine x-Mehrheit der "erschienenen Mitglieder" festgesetzt wird. Denn die oben angeführte Rechtsprechung des BGH lässt bei der letzteren Satzungsbestimmung den Schluss zu, dass die Satzung, was nach § 40 BGB möglich ist, bewusst eine positive Entscheidung der erschienenen Mitglieder verlangt und Stimmenthaltungen wie Nein-Stimmen behandelt werden müssen (Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein, Rn 135 a. E.).
Im übrigen bedarf eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung, wie sie vom Bundesgerichtshof verstanden wird, einer ausdrücklichen und eindeutigen Regelung in der Satzung.

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